EIN  WEIMARANER  ERZÄHLT

Junger Weimaraner Welpe liegt am Sand

 

Hamira – das bin ich!

 

Eine Weimaraner-Hündin aus einem sehr adeligen Stall mit einem Stammbaum, der viele Jahrzehnte zurückreicht. Ich bin ein Vollblut-Jagdhund und manchmal fühle ich mich unverstanden.

 

Deshalb habe ich meine Gefühle und vieles, was mich im Alltag so bewegt, in kleinen Geschichten festgehalten. Auch wir Hunde müssen uns von Zeit zu Zeit Erlebtes von der Seele schreiben.

Weimaraner Welpe sitzt im Gras

 

1. Mein Abschied von Belgien

 

Am 19. Mai 2008 sollte ich nun zu meiner neuen Familie übersiedeln. Das hieß allerdings, einige Hürden zu überwinden. Als erstes musste ich von meiner wilden Mama, die sich sowieso schon lange nicht mehr wie eine richtige Mutter benahm, trennen. Auch der Abschied von meinen Geschwistern fiel mir nicht so schwer, denn die ärgerten mich sowieso meistens.

 

Mein neues Frauchen dagegen schenkte mir hundertprozentige Aufmerksamkeit, küsste mich ständig und im Auto durfte ich die ganze Zeit auf ihrem Schoß sitzen. Dann kamen wir am Flughafen an, wo sich unzählige Menschen befanden. Es war mir alles viel zu hektisch. Von wildfremden Leuten wurde ich gewogen, musste durch eine Schleuse, die immer wieder unangenehm piepte und wurde von vielen Fremden ungeniert angeglotzt und angegriffen. Dann, endlich in einer Wartehalle angekommen, kehrte endlich Ruhe ein und ich konnte entspannt ein klitzekleines Häufchen auf dem schönen blauen Teppich hinterlassen. Eine Frau, die emsig auf der Tastatur ihres Laptops hämmerte, stand empört auf und wechselte kopfschüttelnd den Platz. Na ja, so schlimm war das nun auch wieder nicht!

 

Dann sollten wir ins Flugzeug einsteigen und mein neues Frauchen sperrte mich in einen kleinen Katzenkäfig. Das fand ich gar nicht lustig und wehrte mich mit allen vier Pfoten dagegen. All mein Winseln und Kämpfen half nichts. Endlich, als wir in der Luft waren, durfte ich wieder auf den Schoß meines Frauchens und schlief nach der ganzen Aufregung fest ein. Aber das sollte noch nicht der Höhepunkt meiner Erlebnisse dieses Tages sein.

 

Denn als wir nach all den Strapazen dann endlich in meinem neuen Heim ankamen, begrüßte uns ein großer grauer Hund, der genauso aussah wie meine Mami. Er war wunderschön, athletisch, muskulös, aber sehr unfreundlich. Dabei war ich so glücklich, dass es in diesem fremden Land auch ein Exemplar meiner Artgenossen gab, mit dem ich in Zukunft herumtollen konnte.

 

Dieser Hund, den Frauchen Carlos nannte, hatte erstens keine milchgefüllten Zitzen, knurrte mich an und spielte nicht mit mir. Nicht einmal auf seinen Platz durfte ich mich legen. Ich war nicht willkommen!

 

Erst jetzt wurde mir bewusst, das sich weit weg von meiner gewohnten Umgebung war, wo mich jeder liebte. Ich hatte Heimweh und sehnte mich nach meinen Geschwistern. Vor lauter Erschöpfung schlief ich dann traurig ein.

Kleiner und großer Weimaraner schlafen Kopf an Kopf

 

2. Carlos, meine große Liebe

 

Mein erster Eindruck von Carlos war überwältigend und das ging jedem so, der ihn zum ersten Mal sah.

 

Ich empfand Ehrfurcht! Er war schön, hatte einen wohlgeformten Körper, streckte bei jeder Gelegenheit seinen riesigen Brustkorb heraus, hatte einen wahnsinnig eleganten Gang, war gehorsam, schmeichelte sich ständig bei unserem Frauchen ein.

Gegen den komme ich nie an! Was mich aber am meisten störte, er ließ Frauchen niemals aus den Augen, selbst zur Toilette begleitete er sie, wartete vor der Dusche und setzte sich bei jeder Gelegenheit mit seinen Vorderläufen auf ihren Schoß. 

 

Er würdigte mich keines Blickes. Wenn ich zu nahe kam, fletschte er mit seinen großen, hässlichen Zähnen. Er tat mir nur aus einem einzigen Grund nichts – weil er sonst mit Frauchen Ärger bekäme.

Trotzdem ließ ich mich nicht unterkriegen und schnappte ihn immer wieder in die Vorderläufe und Lefzen. Da konnte er knurren wie er wollte, denn schon mit meinen 8 Wochen wusste ich genau, dass er mir nichts tun durfte.

 

Auch meine Zeit wird kommen! Er wird erkennen müssen, wie ich mich von einem kleinen, tollpatschigen dicken Welpen in eine schöne begehrenswerte Weimaranerhündin verwandeln werde.Auf jeden Fall durfte ich ihm keine Gelegenheit geben, sich nach anderen Schönheiten umzuschauen! - „Mal sehen, ob Du dann auch noch so überheblich zu mir bist!“

Ein Weimaraner zerbeisst einen Damenschuh

 

3. Mein erster Schuh

 

Ich lag im Vorzimmer und plötzlich hörte ich das Auto. Es war sicher das Auto, mit dem mein Frauchen kam. Ich kannte das Motorengeräusch mittlerweile ganz genau.

 

Und tatsächlich – eine Minute später stand sie da, wie immer ganz schick gekleidet, ein dezenter Rock, ein dunkles Sakko und wie immer schöne Schuhe. So wie ich das mitbekommen hatte, arbeitet sie in Wien und fährt jeden Tag dorthin. Sie arbeitet in einer Bank, in der man wohl immer nur gestylt auftreten kann. Jeden Tag andere Schuhe!

 

Ach – wie gerne wäre ich auch mal dort. Ich würde durchs Zentrum mit ihr gehen, natürlich auch entsprechend gekleidet, also mit einem tollen Halsband und exklusiver Leine. Doch andererseits müsste ich mir auch die blöden Bemerkungen aller dortigen Rüden anhören, vielleicht sogar Rolltreppen fahren oder gar U-Bahn. Da bevorzuge ich lieber die Wälder und Wiesen hier. Trotz alledem würde ich sie gerne einmal sehen, diese Stadt, in der sich mein Frauchen herumtreibt.

 

Vielleicht sehe ich das, wenn ich mal ihre Schuhe näher betrachte, also das Objekt, mit dem sie dort übers Pflaster stöckelt? Ja, genau das musste es sein – die Schuhe! Sie waren der Schlüssel, oder zumindest meine Idee des Schlüssels! Ich war nun der festen Überzeugung, dass ich mir nur die Schuhe einverleiben musste und ich wusste, wie es dort - im großartigen Wien – aussieht.

 

Ich wartete ab, bis ich unbeobachtet war, schnappte mir diesen eleganten weißen Schuh - ich denke, es war ein Modell von Prada – und zog mich damit unter dem Nussbaum vor der Terrasse zurück. Ich kaute am Absatz, an der Spitze und an der Sohle, doch es stellte sich keine Verbindung zu Wien ein. Ich wurde zornig, biss fest hinein. Immer noch nichts! Dann fetzte ich die Inneneinlage heraus und kaute solange am Absatz, bis er sich ablöste.

 

Das wollte ich nun wirklich nicht, aber nun ist es eben geschehen. Da es nun ohnehin schon egal war, bearbeitete ich die Spitze solange, bis ein deutlich großes Loch darin war. Mittlerweile konnte man nicht mehr sagen, dass es sich um einen Schuh handelte. Kein Absatz, keine Sohle und keine Inneneinlage.

 

Doch über diesen Weg zu erfahren, wo dieser Schuh schon überall war, gelang mir nicht. Na wenigstens hatte ich es geschafft, dass Frauchen mit diesen Schuhen nicht mehr ohne mich nach Wien fahren kann.

 

Plötzlich stand sie vor mir! Am Ausdruck Ihres Gesichtes erkannte ich, dass sie ziemlich sauer war. Ganz schnell verzog ich mich auf meinen Platz im Haus.

Ein Weimaraner Rüde und ein Weimaraner Welpe gehe durch Wasser

 

4. Meine ersten Versuche im Wasser

 

Heute sollten wir einen Ausflug der ganz anderen Art machen. Es war drückend heiß. Carlos und ich und natürlich auch Frauchen gingen entlang eines Flussbettes. Carlos tänzelte wie ein kleiner Ziegenbock um uns herum. Frauchen nahm Steinchen und warf sie ganz flach über die Wasseroberfläche. Er versuchte ständig, diese zu fangen. So was blödes, dachte ich mir. Das sind weder Fische noch Vögel! Dann stürzte er sich ins Wasser und schwamm.

 

Auch ich wollte beweisen, dass ich vor Wasser keine Angst habe und folgte Carlos. Doch plötzlich, als gerade aus meinem ungeschickten Platschen ein gewisser Rhythmus in meine Schwimmbewegungen kam, musste ich feststellen, dass sich das Wasser bewegte – und zwar sehr schnell. Noch bevor ich mir Gedanken darüber machen konnte, wie weit die Strecke zum Ufer zurück sei, wurde ich von der Strömung mitgerissen.

 

Mein Frauchen stürzte ins Wasser und wollte mich rausziehen, doch es gelang nicht, denn ich hatte nicht einmal ein Halsband um, wo sie mich hätte packen können. Ich trieb weiter ab und landete glücklich am gegenüberliegenden Ufer. Allerdings waren nun Carlos und Frauchen auf der anderen Seite des Flusses. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und versuchte es immer wieder, aber die Strömung war zu stark.

 

Mein Frauchen hatte bereits in der Strömung ihre Schuhe verloren und so barfuß, wie sie auf den Steinen herum balancierte, würde es mit meiner Rettung wohl nie etwas werden.

 

Endlich - ein fremder Mann, der sich völlig nackig auf einer Insel sonnte und unser Unglück gezwungener Maßen verfolgte – bot meinem Frauchen seine Hilfe an.

 

Und was machte sie? Sie lehnte ab! Ich kann es einfach nicht fassen! Das muss wohl so sein bei den Menschen. Als sie aber bemerkte, dass es ohne Hilfe nicht funktionieren würde und ich am anderen Ufer immer lauter winselte, ließ sie sich darauf ein.

 

Er riet ihr, das Bikini-Oberteil auszuziehen, damit er dieses um meinen Hals binden und mich so zum anderen Ufer herüberziehen könne. Widerwillig zog sie es aus und tatsächlich funktionierte sein Plan. Er band mir Frauchens Bikini um den Hals, zog mich ins Wasser und hielt mich sicher bei der heftigen Strömung fest. Dann war ich endlich wieder bei meiner Familie. Selbst Carlos freute sich. Mein fremder Retter entfernte das Bikini-Oberteil von mir und übergab es mit den Worten: „Normalerweise ziehe ich die Frauen aus und nicht an!"

 

Baggerte der etwa mein Frauchen an? Das war doch nun wirklich nicht der richtige Zeitpunkt!

 

Seitdem muss ich immer ein Halsband tragen. Trotz dieses Erlebnisses liebe ich das Wasser. Ich verstehe aber bis heute nicht, warum Carlos jedem, noch so kleinen Stein nachspringt.

Eine Weimaraner Hündin hat ein Huhn im Maul

 

5. Mein erstes Huhn

 

Ich wohne nun schon seit fast einem Jahr am Fuße des Rosalia-Gebirges -  etwa 360 Meter über dem Meeresspiegel. Wir haben ein schönes Grundstück, glücklicherweise ohne Zaun, so dass ich, was ich natürlich nicht darf, auch mal gelegentlich nachsehen kann, was sich so neben uns tut.

 

Ein Nachbar hat ein paar so hässliche Vögel, die immer Eier legen müssen, aber sonst keinen Lebensinhalt haben und schrecklich laut gackern. Und genau diese, auch Hühner genannt, kommen gelegentlich ganz knapp zu unserem Heim. Dumme Hühner, gackernd und pickend, bevölkern sie die Grenze, wo ich wohne.

 

Da muss doch jeder mal ausflippen dürfen. Außerdem war doch Ostern und ich wollte meinem Frauchen ein nettes Geschenk machen und wusste noch nicht was. Doch als ich die Hühnchen sah, wurde mir klar, was es werden würde.

 

Vom Spitz unseres Grundstücks aus beobachtete ich sie lange Zeit. Ich wusste genau, wann sie wo sind. Und exakt am Ostersonntag waren sie dort, wo ich sie erwartete. Ich versteckte mich im Gebüsch, das Gackern ging mir sowieso auf die Nerven. Das sollte heute meine Chance sein und ich entschloss mich, ein solches zu erbeuten. Ich war mir noch nicht ganz sicher, welches ich meinem Frauchen bringen sollte. Es gab graue, braune und weiße. Alle hüpften nach Würmern pickend genau vor meiner Nase herum und wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich alle erledigt.

 

Da wir Hunde und unser Kater Mephisto schon grau sind und wir das Weiß des Winters gerade hinter uns hatten, entschied ich mich für braun. Die braunen Hühner schienen mir besonders einfallslos zu sein, denn sie pickten immer am Asphalt herum. Die Sache war entschieden, es sollte ein braunes, dickes Huhn werden.

 

Ich schlich mich durch die Büsche ganz nah heran. Sie bemerkten mich nicht. Ich war nur wenige Meter entfernt. Es war ein Kinderspiel, die nervig gackernde Glucke zu fangen. Ich schnappte sie und lief damit in Richtung Haus. Doch das, was ich erwartet hatte, nämlich Lob und Anerkennung, wurde mir nicht zuteil. Dabei setzte ich mich brav vor Frauchen und übergab die Beute vorbildlich. Es war einfach das ultimative Ostergeschenk und Carlos stand mit leeren Pfoten daneben!

 

Ich konnte es nicht fassen, sie schimpfte mit mir. Beleidigt schnappte ich mir wieder das Huhn und legte mich mit meiner Beute ein paar Meter weg in die Wiese. Wenigsten Herrchen wusste meine Aufmerksamkeit und bedingungslose Liebe zu schätzen und schoss ein paar Fotos von Jäger und Opfer.

Ein Weimaraner geht durchs Wasser

 

6. Das Leberkäs-Semmerl

 

Es war Sommer und es war heiß. Ich war froh, mich nicht aus dem kühlen Haus bewegen zu müssen. Ich lauschte einem Gespräch, dass wir nun zur Leitha gehen sollten. Das ist ein Fluss ganz in der Nähe unseres Grundstückes.

 

Wir verließen das Haus, es war erdrückend, mindestens 35 Grad. Zur Leitha ist es eigentlich nicht weit. Vielleicht wegen der Hitze entschlossen sich Frauchen und Herrchen, mit dem Auto dorthin zu fahren. Wir sprangen also in den deutschen Mittelklassewagen und fuhren los. Er, also der Mann von meinem Frauchen, musste natürlich noch am Navigationssystem herumspielen, obwohl die Leitha nur ein paar hundert Meter entfernt ist. Als endlich die Klimaanlage wirkte, waren wir schon da – natürlich nur dank Navi.

 

Carlos und ich sprangen heraus - erbärmliche Hitze - sodass ich mich auf den kühlen Fluss schon richtig freute. Zu meiner Verwunderung waren da auch noch andere Menschen – spärlich bekleidet, manche waren ganz nackt. Ich lief den Fluss stromaufwärts entlang. Immer wieder musste ich mich von unappetitlichen Nackten abwenden, teilweise war es so ekelhaft, dass ich es vorzog, einen großen Bogen zu machen.

 

Plötzlich nahm ich die Witterung zu einer Leberkäsesemmel auf. Ich konnte zwar noch nicht genau orten, wo sie war, aber sie war da,  eine prächtige frische Semmel, gefüllt mit fettigem Käseleberkäs.

 

Wir Hunde - vor allem ich - können das. Wir riechen eine Leberkäsesemmel auf 500 Meter. Wenn ein Mensch das riecht, haben wir sie schon längst aufgefressen.

 

Doch lange Rede kurzer Sinn – wo ist es jetzt, dieses herrliche Semmelchen? Und da sah ich ihn, einen kleinen Mann in einem billigen Campingsessel dösend, braungebrannt, untersetzt und in der rechten Hand das Objekt der Begierde.

 

Ich galoppierte auf ihn zu, kurz davor bremste ich ab, näherte mich langsam und leise. Nun trennten uns - die Semmel und mich - nur noch wenige Meter. Ich schlich mich heran, machte einen riesen Satz und entriss ihm im Flug das feine Semmelchen aus den viel zu dickgeratenen Fingern.

 

Völlig verdutzt schaute er mit aufgerissenem Mund seiner Semmel hinterher. Als er sich wieder vom Schreck erholte, hörte ich nur noch im Dunste seines Körperschweißes die übelsten Schimpfwörter, die ich bisher noch gar nicht kannte.

Ein Weimaraner schläft am Sofa

 

7. Die Käseplatte

 

Meine Familie hat oft Gäste. Da wird richtig aufgekocht - Amuse buche, Vorspeise, Suppe, Sorbet, Hauptspeise, Nachspeise und dann später Käse – meistens vor unserem offenen Kamin. Sie versuchen immer, die Einladungen anderer zu übertrumpfen, schreiben Tischkärtchen und Speisekarten, decken die Tafel wie bei der Queen zum Geburtstag und reichen zu Beginn noch einen Aperitif.

 

So auch an diesem Tag - ich glaube, es war ein Samstag und vier Freunde kamen. Ich kannte sie schon von der Hundeschule. Sie werden sicher wieder darüber reden, wie toll doch nicht ihre Hunde sind. Ich kann es nicht mehr hören. Sie wollen mich dann auch alle zur Begrüßung streicheln. Wie mir das auf die Nerven geht und ich denke, Carlos geht es genauso, obwohl wir uns nicht darüber unterhalten. Carlos ist ganz allgemein kein sehr gesprächiger Typ. Er liebt es eher, irgendwo herumzusitzen und bewundert zu werden, doch das ist jetzt nicht das Thema, zurück zum Besuch.

 

Es roch schon seit Stunden sagenhaft gut - nach Fleisch, nach einem Kürbiscremesüppchen und nach Käse, der selbstverständlich Zimmertemperatur haben muss, weshalb er nun schon seit heute Morgen auf dem Tresen liegt.

 

Und was war mit Carlos und mir? Wir bekamen Trockenfutter – wie jeden Tag. Ich möchte wirklich nicht meckern, es schmeckt gut und wie den Herstellerangaben zu entnehmen ist, ist alles drinnen - was wir brauchen. Daneben bekamen wir manchmal noch Leber, Kalbsknochen, Hühnerherzen, Kutteln, leckere Fleischabfälle und - was ich besonders liebe - Pasta. Doch was würde ich dafür geben, wenn ich mal zu McDonalds oder Burger King mitkommen und das Menü meiner Wahl verschlingen könnte. Aber andererseits, wenn ich mir die Typen ansehe, die das täglich essen - nein danke - da achte ich doch lieber auf meine Figur!

 

Auf alle Fälle aßen nun alle seit Stunden und ich lag im Wohnzimmer und langweilte mich. Mein Herrchen begann nun damit, den Kamin anzuzünden. Wie immer dauerte das aber lange, da er es immer noch nicht schnallte, wie das geht. Er verstand es einfach nicht, dass man zuerst Papier, dann Späne und erst dann die dicken Buchenholzscheite anbrennen konnte. Schließlich, unter Zuhilfenahme der Lötlampe und einer kompletten Packung Anzünde-Helferchen, schaffte es auch er.

 

Der Kamin brannte, die Gästekamen mit kleinen Tellerchen und ließen sich auf dem Sofa nieder. Kurz darauf erschien mein Frauchen mit einer Käseplatte und stellte diese auf den Tisch. Duftwölkchen unterschiedlichen Geruches und Ausprägung gesellten sich zu meiner Nase. Heute handelte es sich um Roquefort, Camembert de Normandie, einen Ziegenweichkäse aus dem Lorie-Tal, den ich nicht weiter zuordnen konnte, und Appenzeller, mein Lieblingskäse. Dazu wurde Trüffelhonig, Feigensenf, in Honig und Rosmarin eingelegte, gegrillte Feigen und warme französische Baguettes gereicht.

 

Die Gäste begannen zu essen, doch plötzlich wurde die Menschen-Unterhaltung durch helle Blitze am Himmel, die durchs Fenster hereinflimmerten, unterbrochen. Alle schauten hin. Ich bekam nur mit, dass es sich um ein Feuerwerk handeln musste. Kurzentschlossen gingen alle mit ihren Weingläsern hinaus, um sich an diesen komischen Blitzen zu ergötzen. Carlos, der Macho, musste natürlich beweisen, dass er davor keine Angst hatte und lief seinem Frauchen hinterher.

 

Also waren jetzt nur noch ich und der Käse im Haus und nur einer von uns beiden konnte sich bewegen. Ich wusste sofort, was ich zu tun hatte. Genüsslich begann ich mit dem Camembert, darauf folgten der Ziegenkäse und dann der Roquefort. Draußen krachte und leuchtete es weiter, während ich mir das Weißbrot einverleibte und am Trüffelhonig leckte.

 

Plötzlich hörte ich, dass die Haustür geöffnet wurde. Ich schnappte mir noch diesen famosen Appenzeller und schielte um die Ecke. Einer der Gäste kam herein und verschwand in der Toilette, die Eingangstür blieb offen. Ich machte einen Satz zurück, schnappte nochmal fest in die Butter und verzehrte sie gemeinsam mit dem Appenzeller auf dem Weg nach draußen.

 

Ich setzte mich zu meinem Frauchen und legte meine Schnauze auf ihre Knie, als ob ich ihr mitteilen wollte, dass mir dieses Treiben mit lautem Krachen und hellen Blitzen gar nicht gefiel. Sie zeigte Verständnis, streichelte und bemitleidete mich. Sie hatte mich also bemerkt. Glücklicherweise ging das Feuerwerk dem Ende zu und wir alle schritten zurück ins Haus. Carlos und ich legten sich auf unsere Plätze.

 

Die Gäste versammelten sich wieder vor dem Kamin und freuten sich offensichtlich auf ihren Käse. Doch es war keiner mehr da. Es war ein großer Aufschrei zu hören und allgemeiner Unmut legte sich wie Nebel über den Raum. Mein Frauchen war sauer, sie sah Carlos böse an - dann mich. Sie wusste ganz genau, wer es von uns beiden war, doch sie hatte keinerlei Beweise. Sie setzte schon an, mich anzuschreien, doch ihr wurde plötzlich klar, das sah ich in ihren Augen, dass sie es nicht eindeutig wusste, wer von beiden es war.

 

Niemand kann sich vorstellen, wie glücklich ich in diesem Augenblick war, in einem zivilisierten Rechtsstaat zu leben. Keine Beweise – keine Verurteilung! Der Angeklagte ist solange unschuldig, bis ihm das Gegenteil bewiesen wurde. Man muss nur auf den richtigen Moment warten und darf sich nur nicht erwischen lassen!

Weimaraner mit Auszeichnung um den Hals

 

8. Meine erste Ausstellung

 

Seit Tagen höre ich nur Ausstellung, Ausstellung und das immer wieder. Ein Buch wurde von Amazon geliefert: „Knigge bei Hundeausstellungen“. Das brauchte nun wirklich niemand!

 

Es war zwar nicht an mich adressiert, aber es betraf ja nun wirklich eindeutig mich. Also sah ich es mir gleich genauer an. Gleich nach der ersten Seite erkannte ich, dass dieses Buch gefressen werden musste. Also beschäftige ich mich ausgiebig mit dieser Lektüre, sodass nichts als ein paar Fotos überblieben.

 

Es war ein Sonntag, es regnete, war nass und kalt. Mein Frauchen lief nervös umher, packte ein ganz dünnes Vorführleinchen mit Perlen aus und kramte in irgendwelchen Ordnern, um offensichtlich meine Papiere zu suchen. Ordnung ist ja nicht ihre Stärke!

 

Dann stiegen wir ins Auto und fuhren zur großen Ausstellung nach Graz. Nach einer langweiligen, ewig langen Fahrt, auf der ich mir als Zeitvertreib eine Packung Kekse gönnte, die ich zuvor aus der Handtasche meines Frauchens gestohlen hatte, waren wir nun endlich da – also am Parkplatz. Nicht asphaltiert, sondern Wiese und das noch bei Regen. Wie soll ich den Titel holen, wenn ich aussehe wie ein Ferkel und nicht wie ein Model?

 

Rasch bewegten wir uns in die Ausstellungshalle. Als wir sie betraten, musste ich kurz stehenbleiben und meinen Blick von links nach rechts schweifen lassen. So viele Hunde auf einem Fleck hatte ich noch nie gesehen. Tatsächlich gab es noch größere, aber auch sehr viel kleinere, mit langen und auch kurzen Haaren, bunte und einfarbige. Dank meiner stark ausgeprägten Auffassungsgabe wurde mir schnell klar, dass ich nicht gegen all diese Hunde antrete, sondern nur innerhalb meiner Rasse.

 

Endlich waren wir beim Ring der Weimaraner, wir waren laut Nummer die letzten. Ich kann nicht so gut zählen, aber es waren grob geschätzt 15 Konkurrenten schon da. Die Rüden gafften blöd herüber, doch keine Gefahr, keiner kam nur annähernd an Carlos heran, also zumindest vom Aussehen. Charakterlich konnten es vermutlich einige mit ihm aufnehmen!

 

Nun ging’s los, der erste tänzelte im Kreis vor dem Richter herum, dann stellte er sich vor ihm hin und ließ sich betrachten. Der grauhaarige Mann, mit einer für meinen Geschmack etwas zu kleinen Nase, zog dem Armen die Lefzen nach oben und sah sich die Zähne an. Dann betatschte er noch seine Hoden. Ist das nun wirklich notwendig? Hoffentlich macht er das bei mir nicht auch! Dann murmelte er etwas zu seiner Assistentin, die es wortlos niederschrieb. So ging das Hund für Hund.

 

Vor mir waren es nur noch zwei, wobei ich jetzt schon wusste, dass der arrogante Typ vor mir, der Aron gerufen wurde, keine Konkurrenz für mich darstellte. Schon diese Überheblichkeit musste ja negativ bewertet werden, aber ich glaube, die Menschen sehen das nicht so wie ich. 

 

Die meisten Handler waren Frauen und es war erstaunlich, mit welcher Gefallsucht und Unterwürfigkeit sie sich präsentierten. Bei einigen dachte ich ,der Hund würde das Frauchen ausstellen. Es war ekelhaft, was sich da teilweise abspielte.

 

Als nächste war ich an der Reihe und ich war erstaunlich ruhig. Jetzt ging es los. Ich lief meine Runde, mein Frauchen zischte ständig, damit ich sie ansehe und meinen Hals strecke wie ein Schwan. Ich lief mit erhobenem Haupt, aufrecht und elegant. Nun stellte ich mich vor den Richter. Er kam auf mich zu, begutachtete mich aus jedem Winkel. Dann führte er seine linke Hand zum Kinn und musterte mich mit geneigtem Kopf. Es war die reinste Fleischbeschau. Als ob in unserer Gesellschaft nur das Aussehen zählen würde. Dann zog er relativ brutal meine oberen Lefzen nach oben und mit der zweiten Hand schob er die unteren nach unten. Was sollte das? An seinen Händen klebte noch der Sabber-Geruch von meinem Vorgänger. Nun grauste mir noch mehr vor Aron, dem Macho!

Er murmelte etwas von femininer Hündin, vorzüglicher Haarstruktur und Farbe, sehr gute obere und untere Linie, eleganter Hals, freudig in der Bewegung, Behang und Rute korrekt getragen, bla bla bla.

 

Nun standen alle in einer Reihe und warteten. Die grauhaarige Kleinnase sprach wieder mit seiner Assistentin. Jetzt trat er hervor und zeigte auf fünf Hunde, die nochmals vor ihm im Kreis laufen sollten. Ich gehörte natürlich zu den Auserwählten. Aron war auch dabei und lief jetzt vor mir. Der Richter wählte nun Platz Nr. 3 aus, ein Hundekollege aus Osteuropa, und überreichte seinem Frauchen die Urkunde. Dann folgte Platz Nr. 2 - das gibt’s doch nicht, es war Aron. Als er zum Richter ging, sah er mich kurz mit diesem „Bin-ich-nicht-toll-Blick“ an.

 

Obwohl ich von diesen Shows nichts halte, war ich nun doch etwas aufgeregt. Und dann kam der Richter auf mich zu. Das konnte doch nicht sein, ich hatte tatsächlich gewonnen. Ich schritt vor, doch auf halben Weg konnte ich es mir nicht verkneifen, mich umzudrehen und dem Arrogantling mit meinem linken, wunderschönen, grünen Auge zuzuzwinkern.

 

So ein dummes Weimaraner-Gesicht, wie er es jetzt machte, hatte ich noch nie zuvor gesehen. Ich setzte mich vor den Richter, er gab meinem Frauchen die Hand. Schon komisch, war doch ich der Champion und er überreichte ihr einen riesengroßen Pokal.

 

Seitdem gefielen mir Ausstellungen plötzlich und ich freute mich schon auf die Welthundeshow in Bratislava 2009.

Weimaraner mit Hundespielzeug im Maul

 

9. Ich als Rettungshund

 

Na da ist meinem Frauchen wieder einmal etwas eingefallen. Ich als Rettungshund! Wahrscheinlich sehen sie mich spektakulär hängend an einem Hubschrauber! Mein Herrchen denkt sicher nur an die tollen Motive für seine Fotos. Na ja, auf jeden Fall versuchte mich Frauchen zu einem guten Rettungshund auszubilden.

 

Es machte uns beiden sehr viel Spaß, allerdings saß ich oft zu lang im Kofferraum oder in einer Box im Roten Kreuz-Bus. Es hieß, meine Triebigkeit und meine Nase seien sehr geeignet für diese Arbeit, jedoch bei den Geräten wäre ich ein bisschen zu hektisch und lustig. Ich sollte liegende Menschen finden, was ein Kinderspiel für mich war. Wenn ich dann noch bellte, bekam ich zur Bestätigung ein Sockenballi, den ich zu Tode schütteln konnte. Wenn ich dann meine Beute Frauchen zurückgab, bekam ich sogar ganz tolle Leckerlies.

 

Es machte Spaß, ich wurde auch noch belohnt und Carlos war mal ausnahmsweise nicht der Wichtigste. Nur mit der Unterordnung hatte ich es nicht so, denn da hieß es, ganz gehorsam zu sein, aber Frauchen zu Liebe tat ich auch das.

 

Jedes Wochenende fuhren wir in andere Gegenden, manchmal waren es Wälder und manchmal eingestürzte Häuser. Diesmal sollten wir nach Tritol (das ist ein ideales Übungsgelände vom Bundesheer) fahren, um in Trümmern versteckte Opfer zu suchen. Frauchen hatte eine komische Stirnlampe auf ihrem Helm und ging wirklich unsicher durch die dunklen Räume. Das ging mir alles zu langsam und ich durchstöberte im Alleingang den nächsten Raum.

 

Na da hatte ich es ja schon! Das ging aber schnell, denn nach zehn Sekunden Suche fand ich schon etwas. Ganz hinten in der Ecke verstecke sich doch ein süßes kleines Täubchen. Ich dachte gar nicht lange nach, denn ehe ich jetzt anfange zu bellen, fliegt mein Täubchen nur weg. Kurzentschlossen nahm ich dieses Vögelchen ganz zart in meinen Fang und brachte es meinem Frauchen. Ist ja schließlich ganz egal, was ich finde. Und was machte sie? Sie sagte einfach „aus“ und ich musste die Taube davon flattern lassen.

 

Ich wurde nicht einmal gelobt, das fand ich wirklich ungerecht. Beim nächsten Mal sollte ich sie gleich totbeißen!

 

Auch bei der Flächensuche kam es manchmal vor, dass mich die Gerüche der dort brütenden Fasane viel mehr interessierten. Wenn die dann auch noch laut gackernd aufflogen, nur um mich zu provozieren, war es mir völlig egal, ob dort irgendwo Menschen lagen. Es geht doch nichts über eine echte Verfolgungsjagd!  

Weimaraner Rüde läuft durch schneebedeckte Wiese

 

10. Carlos ist viel braver

 

Vorweg möchte ich sagen - ich mag ihn - egal was in den folgenden Zeilen kommt!

 

Er ist ein wirklich schöner, intelligenter, gelehriger und braver Hund. Und da wären wir schon bei seiner ersten Schwäche – er ist brav, also nicht so brav, wie das alle denken, sondern er ist „frauchenbrav“. Das heißt, er macht all das, was sein Frauchen toll finden könnte. Er macht „sitz“, nicht weil er es toll findet zu sitzen, sondern weil sein Frauchen es toll findet. Das gleiche gilt für „platz“ und alles andere. Böse Menschen würden sagen, er ist ein Schleimer, aber das sind nur die ganz Bösen.

 

Wenn uns mein Frauchen ruft, ist auch er immer der Erste, der da ist, bei „sitz“ ist er der Erste, der sitzt, bei „Platz“ ist er der Erste, der liegt. Also das nur soweit zu seinem Charakter. Sofern man bei einer derartigen Unterwürfigkeit überhaupt von Charakter sprechen kann.

 

Aber noch einmal – ich mag ihn – diesen Schleimer. Er sieht trotz seiner schleimigen Art auch gar nicht wie ein solcher aus. Nein, ganz im Gegenteil, er sieht gut aus, ist groß, kräftig und verteidigt sein Reich. Man kann wirklich nicht behaupten, dass er unsympathisch ist. Er ist geradlinig, loyal und seinem Frauchen gegenüber absolut ergeben. Wenn ich das nun alles zusammenfasse: er ist der perfekte Hund.

 

Und nun bin da ich: frech, lustig, für jeden Streich zu haben, dominant und all die anderen guten Eigenschaften meines Wesens. Wenn ich also nun mein witziges Wesen diesem konservativen Typen gegenüberstelle, bin ich gerne ausgelassen. Ich bin eine vom linken Flügel, er vom rechten. Doch wir verstehen uns trotzdem perfekt, weil wir miteinander auskommen müssen und einander versprochen wurden.

Weimaraner mit Bambusrohr im Maul im Meer

 

11. Zum ersten Mal am Meer

 

Endlich konnte ich aus dem Auto springen. Es war anders als bei uns zu Hause. Überall war dieses helle, staubige Pulver – die Menschen nannten es Sand.

 

Wie immer folgte ich meinem Rudel. Sie gingen sehr zielstrebig auf etwas zu, das für mich wie „Nichts“ aussah. Bis wir dort waren.Es war wie ein großer See, schäumte und rauschte laut. Ich hatte etwas Angst und sah vorerst nur zu, was sich da vor meinen Augen abspielte.

 

Carlos spielte wie immer den Macho, lief Frauchen hinterher, direkt in den großen See. Er schien keine Angst zu haben. Die hatte er aber ohnehin nie, wenn ihm sein geliebtes Frauchen etwas vorgemacht hat. Er wäre auch in eine Schlucht gesprungen, hätte sie es getan. Ich bin nicht eifersüchtig, aber Carlos und mein Frauchen hatten eine Beziehung, an die ich, so wie ich damals dachte, nie herankommen würde. Also wie gesagt, der Macho sprang mit meinem Frauchen in die Fluten und ich saß feige am Strand und beobachtete das Treiben.

 

Er hat sich bestimmt ganz toll gefühlt. Doch ich hatte das Privileg, Prada-Schuhe ungestraft zerbeißen zu dürfen. Es war wahnsinnig heiß und ich brauchte unbedingt Abkühlung. Wieso bewegte sich der See nur so kräftig und machte einen tosenden Lärm? Ich galoppierte – so wie es immer meine Art war –in Richtung Wasser, noch nicht wissend, dass das Wasser ganz anders schmeckte als zu Hause.

 

Die weiße Gischt umspülte meinen ganzen Körper und als eine hohe Welle über meinen Kopf schwappte, erst da bemerkte ich, dass das Wasser fürchterlich salzig schmeckte. Es war ekelhaft und gar keine Erfrischung. Trotzdem machte es Spaß, hinter meinem Rudel herzuschwimmen – wäre da nicht plötzlich diese schäumende Riesenwelle gekommen, die mich völlig überspülte und auf den Rücken warf. Überall war dieses Salzwasser, in meinen Ohren, in meinen Augen, in meinem Maul – einfach überall!

 

Ich merkte rasch, dass das nichts für eine Lady war und zog mich wieder zum Strand zurück – man muss ja nicht alles mitmachen. Ich hätte nicht gedacht, dass Wasser so grausig sein kann. Das erging Carlos sicher genauso, doch nur, um seinem Frauchen zu gefallen, tat er so, als würde es ihm Spaß machen.

 

Den Rest des Urlaubs vermied ich es, mich Hals über Kopf in die Fluten zu stürzen, denn es gab ja sowieso nichts zu jagen. Ich benässte lediglich meinen Bauch, wenn es zu heiß wurde und beobachtete die albernen Wasserspiele.

Zwei Weimaraner sitzen im Gras

 

12. Meine Ausbildung

 

Ätsch!!!! Der superbrave Carlos, den jeder sooooo schön findet, hat bei seiner ersten BGH 1 nur ein „Gut“ mit 82 Punkten bekommen.

 

Ich – die taffe und lustige Hamira, die nie eine so konsequente Unterordnungsausbildung hatte, bekam im gleichen Alter bei der BHG I ein „sehr gut“ mit 93 von 100 Punkten!

 

Was sagst Du jetzt, toller Carlos? Der Unterschied ist nämlich der, Du Carlos bist eh Diener deines Frauchens und machst alles, um ihr zu gefallen. Ich dagegen bin viel temperamentvoller und mir wird wahnsinnig schnell langweilig. Deshalb brauche ich unbedingt anspruchsvolle, abwechslungsreiche Aufgaben, sonst schmiede ich mir meine eigenen Pläne. Hauptsache, es ist was los und man kümmert sich um mich, dann mache ich auch die Prüfungen!

 

Und wenn ich will, sogar mit einem „vorzüglich“! So kann ich mir einige Bonuspunkte erarbeiten und muss nicht immer gleich im Wald beim ersten Pfiff hören.

Weimaranerhündin mit zieben neugeborenen Welpen

 

13. Die Geburt meiner ersten Welpen

 

Ich bin echt hässlich, habe einen dicken Bauch und wiege bestimmt fünf Kilo mehr. Alles, was mir richtig Spaß macht, fällt mir schwer. Dennoch versuche ich mein Glück, den Rehen hinterher zu rennen. Ich verfolge jede Spur im Wald und hüpfe waghalsig die Böschung hinunter.

 

Carlos, den ich immer überholte, rennt mir allerdings mittlerweile davon. Mit seinem Hinterteil tänzelt er herum und schlägt ständig wie ein Pferd aus. Als ob er sagen wollte: fang mich doch, Du kleine Tonne. Typisch Rüden - haben viel weniger im Leben zu leisten und geben nur an. Ich bin vielleicht im Moment nicht so attraktiv, wie wir es alle gewöhnt sind, aber dafür bekomme ich ganz viele Streicheleinheiten von Frauchen. Instinktiv wollte ich ständig ein passendes Loch im Garten graben, aber Frauchen hatte wohl etwas anderes für mich vorbereitet.

 

Es war eine riesengroße Kiste, die sehr gemütlich aussah, bestückt mit vielen Kissen und Decken. Sie stand neben der Heizung und man konnte richtig darin wühlen. Wie sollte es auch anders sein, Carlos hatte sie gleich in Beschlag genommen. Der dachte immer noch, er käme zu kurz. Obwohl mein Frauchen frei hatte, rannte sie mit Herrchen weg – zum Elternsprechtag ihres Sohnes. Der Stellenwert ist offensichtlich noch immer nicht geklärt!

 

Auf jeden Fall ging es mir heute nicht besonders gut. Ich hatte immer so ein komisches Ziehen. Dann plötzlich bekam ich das Gefühl, ich müsse mal ein Häufchen machen. Wieso bemerkt das niemand und lässt mich vor die Tür? Unruhig lief ich hin und her. Und dann geschah das Unglaubliche: ich drückte und machte mich gleichzeitig auf Vorwürfe gefasst.

 

Es sah fast so wie ein Häufchen aus mit einer Haut herum, die ich automatisch aufbiss. Dann war da noch eine lange eklige Schnur, die mich mit dem Haufen verband. Mit Eile biss ich auch die Schnur durch und dann schleckte ich mein kleines Häufchen sauber. Diese Fellkugel war mein erstes Baby, das atmete und schon zu meiner Zitze kroch. Es war ein gestreiftes Wollknäul, richtig niedlich.

 

Nun wollte auch Carlos nachschauen. Er konnte es wohl nicht ertragen, dass diesmal ich alle Aufmerksamkeit bekam! Sicherheitshalber knurrte ich ihn mal an, denn ich wollte auf keinen Fall, dass er unser Baby mit einer Nachspeise verwechselt. Innerhalb von zwei Stunden brachte ich noch sieben weitere, zuckersüße Weimaranerkinder zur Welt, die eher kleinen Streifenhörnchen ähnelten.

 

Die nächsten acht Wochen hatte ich ganz schön viel um die Ohren, denn meine Kinder waren ständig hungrig und nervten manchmal ganz schön. Ich muss zugeben, so anstrengend hätte ich mir die Aufzucht unserer kleinen, natürlich schönsten Welpen der Welt, nicht vorgestellt.

 

Ich war rund um die Uhr beschäftigt, diese verfressenen Mäuler zu stopfen. Carlos betrachtete seinen Nachwuchs regelmäßig und manchmal, wenn ich so richtig im Stress war, griff er mir auch unter die Pfoten und putzte seine Kinder. Als sie dann älter und aktiver wurden, wollte er nichts mehr von seinen Vaterpflichten wissen. Die Erziehungsarbeit überließ er ausschließlich mir und posierte nur in der Öffentlichkeit auf Fotos als stolzer Vater.

 

Auch der Rest unserer Familie half mir nach drei Wochen und ich konnte mich schon wieder meiner Schönheit widmen. Langsam wurden meine Kinder ganz schön lästig, denn sie hatten ganz spitze Zähne und wollten immer spielen, saufen und machten riesengroße stinkende Haufen. Bei den Ausflügen in den Wald musste ich ständig aufpassen, dass die Kleinen nicht irgendwohin abbogen - ich hatte wirklich wenig Zeit für mich.

Vier Weimaraner Welpen posieren auf großen Stein

 

14. Meine Welpen

 

Bei uns war ein Kommen und Gehen! Lustig fand ich den ständigen Besuch. Andauernd wurden meine Kinder bewundert – und wie sollte es auch anders sein – Carlos!!!! Deshalb waren wahrscheinlich auch zuerst meine Buben vergeben.

 

Ich persönlich finde mich mindestens genauso schön, intelligent und wesentlich toleranter gegenüber unseren Artgenossen. Carlos, von mir persönlich „Schleimi“ genannt, präsentierte sich typisch brav. Fast anbiedernd setzte er sich zu jedem Besucher ins Esszimmer und streckte seinen übertriebenen Brustkorb heraus. Ich zog mich dann dezent auf meinen Platz zurück.

 

Wenn ich natürlich vorher gewusst hätte, dass diese Leute nach einigen Wochen meine Babys entführen würden, dann hätte ich sie alle angeknurrt. Obwohl sie alle sehr nett und freundlich waren und manche uns sogar Geschenke mitbrachten, haben sie mir doch Kummer bereitet, denn nach und nach wurden unsere Welpen abgeholt.

 

Zum Anfang bekam ich es gar nicht mit, dass meine Kinder immer weniger wurden, denn ich konnte noch immer nicht bis acht zählen.

Aber dann – bei einem unserer täglichen Ausflüge – waren es plötzlich nur noch drei. Da wurde ich stutzig. Wo waren all die anderen. Vielleicht hatten die sich im Wald verlaufen. Ich suchte sie und wurde schon wieder von einer Wildfährte abgelenkt.

 

Eines Abends wollte ich – wie jeden Tag – nach meinen Kindern kurz schauen und ihnen gute Nacht sagen, doch ich konnte kein einziges mehr finden. Ich suchte überall, drinnen, draußen auf der Terrasse – sogar im Bett. Kein Winseln, kein Geruch nach stinkenden Haufen, keine nervenden Quälgeister. Das musste ein Irrtum sein. Vielleicht hatte Frauchen sie wieder zu sich ins Haupthaus umquartiert? Beim Frühstück hatte ich doch noch eines auf ihrem Schoß gesehen.

 

Ich suchte und suchte und winselte verzweifelt. Frauchen spielte mit mir Balli, aber nichts konnte mich an diesem Tag trösten. Es war so ruhig. Sie fehlten mir sehr, meine Babys. Einen Tag später, als ich meinen Kummer überschlafen hatte, war ich in gewisser Weise froh, denn es war gar nicht so schlecht, auch mal wieder ein bisschen Zeit für sich haben. Ich hatte überhaupt keine Arbeit mehr.

 

Was ich aber überhaupt nicht verstand, dass Frauchen an den folgenden Tagen immer trauriger wurde und salzige Kullertränen vergoss, die ich immer wieder wegschlecken musste. Wir beide, da waren sich Carlos und ich einig, wurden immer lustiger. Wir mussten unserem Frauchen helfen, das stand fest.

 

Also stellten wir ständig etwas an. Ich nagte die Schuhe der Besucher an, zerstörte die kunstvollen Gestecke meines Frauchens, damit sie neue machen kann oder holte mir Holzscheite aus dem Kamin. Bei Spaziergängen kam ich nicht auf den ersten Pfiff, sondern änderte erst die Richtung, wenn meine Beute außer Sichtweite war.

 

Das war mein persönlicher Beweis der bedingungslosen Liebe zu ihr. So war sie abgelenkt und merkte, dass es noch viel zu tun gäbe mit uns beiden verbleibenden – Carlos und mir! Ich hatte es geschafft! Sie war ja so berechenbar, denn nun musste sie sich wieder auf die Ausbildung mit mir konzentrieren. 

Weimaraner schwimmt Ente hinterher

 

15. Die Schwäne am Wolfgangsee

 

Ich bin wieder schön und begehrenswert! Es ist so langweilig! Meine Kinder sind ausgezogen. Mir fehlt DIE Aufgabe!

 

Wahrscheinlich wird Frauchen bald wieder mit mir in die Hundeschule gehen. Na ja, sie hat ja Recht, brav bin ich im Moment wirklich nicht!

 

Aber ich fühle es selbst: ich bin schön! Wie gerne würde ich über den Laufsteg stolzieren, damit alle Rüden sabbern. Vielleicht habe ich nur eine Krise? Carlos zumindest erkennt die Veränderung, denn er markiert jedes Pfützchen, was ich mache. Aber ihn kenne ich schon! Er will mich und das weiß ich.

 

Ich brauche Bestätigung! Würde Carlos um mich kämpfen? Wahrscheinlich ja, denn nicht einmal eine andere Hündin, die er nicht kennt, darf mit mir spielen. Er lässt sich jede noch so grobe Attacke gefallen. Ich liebe und verehre ihn – aber dennoch denke ich an Sex mit Fremden! Deshalb genieße ich die Ausflüge allein mit meinem Frauchen.

 

Ich, Frauchen und Freundin Uschi nahmen unser Zimmer direkt am Wolfgangsee ein. Es war wunderschön mit Balkon zum See, riesengroß und ein extra Bett für mich. Ich lugte hinunter zum See und dachte mir noch, wie schön wäre es doch, dort vom Steg aus in den wundervollen See hineinzuspringen, um die kleinen dünnen Enten zu fangen. Das Wasser sah sehr ruhig und klar aus. Aber leider trennte mich und die Entenfamilie ein Stockwerk.

 

Am nächsten Morgen sollten wir nach Salzburg zu einer internationalen Hundeausstellung fahren, doch vorher wollte mich Frauchen noch ein wenig bewegen. Wir machten uns auf zu einem einstündigen Spaziergang. Jetzt mal im Ernst - Frauchen kennt mich nun schon so lange und sie glaubte trotzdem, dass mich diese Mini-Runde durch die Wälder müde machen würde. Sie wollte mir noch schnell den romantischen Strand vor dem Hotel zeigen.

 

Doch ich sah am Ufer nur eines – ein weißes, großes Huhn – meine Beute! Bevor mein Frauchen rufen konnte, galoppierte ich schon los, um diese weiße Schönheit zu packen. Feige flüchtete sie in den See. Ich wusste gar nicht, dass Hühner schwimmen können. Ich schnitt diesem großen weißen Vogel den Weg ab und sprang gleich vom Steg aus ins Wasser.

 

Alle Hotelgäste mit Seeblick waren spätestens jetzt durch den lauten Aufprall ins Wasser wach und auf dem Balkon. Ich hatte also auch noch Publikum bei meiner Verfolgungsjagd. In meinem Jagdfieber hörte ich nicht einmal die verzweifelten Rufe meines Frauchens. Das große Huhn lockte mich immer weiter weg vom Ufer. Es war ganz schön anstrengend und eigentlich war es das gar nicht wert. Es sah gar nicht einmal aus wie ein richtiges Huhn, hatte einen viel zu langen Hals und schwamm zu schnell. Jedes Mal, wenn ich dieses  überdimensionale Huhn fast erwischte, flatterten es mit seinen großen Federn, als ob es mich angreifen wollte.

 

Das ist mir noch nie passiert. So entschloss ich mich, umzukehren und kein weißes Frühstückshühnchen meinem Frauchen zu bringen.

Mein Fell musste auch noch trocknen bis zu meinem Auftritt auf dem internationalen Laufsteg. 

Zwei Weimaraner blicken in die Ferne

 

16. Urlaub in der Toskana

 

Carlos hatte mir ja schon von Familienurlauben erzählt. Aber, immer, wenn Koffer gepackt wurden, zog ich mich zurück, weil ich wusste, dass meine Menschenfamilie uns verlassen würde.

 

Als es wieder einmal so weit war und auch schon das Auto gepackt wurde, legte ich mich beleidigt auf meinen Platz. Im Halbschlaf hörte ich meinen Namen, aber ich träumte höchstwahrscheinlich nur. Dann noch einmal „Hamira!“. Vorsichtig kam ich und Frauchen ermunterte mich „Willst Du nicht mitkommen?“ und nahm Leine und Halsband. Ich sprang schnell ins Auto und machte mich ganz klein. Falls es doch ein Irrtum war, ich saß mal sicher im Kofferraum!

 

Komisch, eigentlich hatten sie das andere Auto gepackt! Die Reise ging los – vorne Menschenkind Victoria und Frauchen und hinten Carlos und ich. Wir fuhren die ganze Nacht, ich döste immer wieder vor mich hin. Endlich, am nächsten Morgen, durften wir aussteigen.

 

Die Überraschung war groß, denn vor uns stand ein altes Steinhaus ganz oben auf einem Olivenhügel. Dazu gehörte ein Goldfischteich, worüber sich Carlos sehr freute. Auch ein Pferd und eine Katze wohnten mit uns. Es gab keine Zäune, keine Menschen, keine anderen Häuser, nur Wiesen und Wälder mit einer fantastischen Aussicht bis hin zum Meer.

 

Im Haus erwarten uns schon Herrchen und Menschensohn Philip – sie waren wohl mit dem anderen Auto gefahren. Das Pferd, welches jeder Cavallo nannte, wurde täglich von mir gejagt, das war unser beider Morgengymnastik. Der Katze fraß ich gleich alle Vorräte weg und sie ließ sich den Rest des Urlaubes nicht mehr blicken. Schade – zu gerne hätte ich mit ihr Fangen gespielt.

 

Es war ein schöner Familienurlaub. Morgens erforschten wir mit Frauchen die nähere Umgebung, dann wurde auf der Terrasse gefrühstückt und nichts und niemand störte uns. Anschließend waren Ausflüge angesagt. Herrchen machte viele Fotos und wir mussten nicht nur einmal vor alten historischen Gemäuern posieren. Mir persönlich gefielen die Fahrten zum Meer am besten. Carlos lauerte stundenlang den Geckos auf und ich beobachtete das Treiben am Strand. Abends suchten wir uns Restaurants, die idyllisch mitten in den sanften Hügeln der Toskana lagen. Es roch überall köstlich. Einige wenige Tische standen mitten in der Wiese. Im Hintergrund erklang klassische italienische Musik. Die alten Mauern waren beleuchtet und ich fühlte mich wie ein Burgfräulein.

 

Wo immer wir hinkamen, wurden wir bewundert. Die Italiener haben offensichtlich in vielen Bereichen einen guten Geschmack. Am Abend war ich dann echt erledigt und froh, wenn ich endlich schlafen konnte. Die ganze Zeit benahm ich mich vorbildlich, denn ich möchte in Zukunft immer zu den Familienurlauben mitgenommen werden. Auch die Beziehung zu Carlos festigte sich und war sehr harmonisch.